Auf dem vergangenen Unterbezirksausschuss hat die SPD Düsseldorf sich mit Gisa März solidarisiert und beschlossen den folgenden offenen Brief zu ihrer Begnadigung zu unterzeichnen:
Mit diesem offenen Brief an den Justizminister des Landes NRW, Herrn Benjamin Limbach, bitten die Unterzeichner:innen darum, Gisa März zu begnadigen.
Gisa wurde am 04.11.2022 verhaftet und muss nun eine sechsmonatige Haftstrafe in der JVA Willich II absitzen, weil sie zwei Mal ohne Ticket Bahn gefahren ist. Bei der Verhaftung wog sie nur noch 43 Kilogramm, vor allem wegen der enormen psychischen Belastung durch die drohende Haft. Ihr Gesundheitszustand ist weiterhin nicht gut. Die Haft bedroht das Leben, das Sie sich in den letzten Jahren aufgebaut hat und damit auch ihre therapeutischen Erfolge. Ihre Wohnung und ihre soziale Einbindung werden durch die Haft in Frage gestellt. Gisa März ist es in den vergangenen Jahren gelungen, ihren Konsum zu überwinden und sie es hat trotz ihrer langjährigen Suchtkrankheit geschafft, in den letzten neun Jahre straffrei zu leben. In einem anderen Urteil zum Fahren ohne Fahrschein wurden diese Erfolge bereits einbezogen und die Haftstrafe ausgesetzt.
Viele von Armut betroffene Menschen in diesem Land teilen das Schicksal von Gisa und fahren aus Not ohne gültiges Ticket. Schon vor der Inflation und den derzeit explodierenden Lebenshaltungskosten reichte das staatliche Existenzminimum nicht aus, um ein Leben in Würde, mit der Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe, zu führen. Der aktuelle ALG II Satz reicht hinten und vorne nicht aus. Die aktuellen Teuerungen verschärfen die Lebenssituation armer Menschen noch einmal zusätzlich und belasten die von Armut betroffenen Menschen schwer. Insbesondere arme Menschen bleibt daher häufig nichts anderes übrig, als ohne Fahrschein mit öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren.
Wir appellieren deshalb auch an den Justizminister des Landes NRW, dass er sich auf Bundesebene dafür einsetzt, den aus der Nazizeit stammenden Paragrafen 265a „Erschleichungen von Leistungen“ aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Das Fahren ohne Fahrschein als Straftat zu werten, ist seit Jahren umstritten. Die Verhängung von Haftstrafen ist sowohl mit Blick auf die extrem hohen Kosten, die mit der Haft verbunden sind, als auch mit Blick auf die Desintegrationsspirale, die damit verbunden ist, unangemessen und kontraproduktiv.