

Ich bin hartnäckig"
Im Juli 1998 bezog die damals 50-jährige Werstener Kommunalpolitikerin, Mutter zweier erwachsener Kinder, das Geschäftsführer-Büro im Rathaus. Bis vor wenigen Wochen genoss sie den Blick auf den Rhein und wohl auch den undurchsichtigen Blick aus der Herbert-Wehner-Skulptur ihrem Schreibtisch gegenüber. Ein bisschen von der legendären Zuchtmeister-Attitüde des alten Sozialdemokraten muss man bei der Ratsfraktion auch haben. Man muss sehen, dass der Laden läuft.
Annette Steller saß immer mittendrin, aber niemand hätte wohl behauptet, sie säße zwischen den Stühlen. Das liegt an ihrer Persönlichkeit: ihrem Geradeaus gehen, ihrem offenen Lachen, ihrer Konzentration auf Sachfragen und auch dem Talent, sich zurückzunehmen. "Ich bin hartnäckig", hat sie über Stil und Erfolg gesagt. Auch: "Ich muss nicht jedermanns Liebling sein".
Politik als Dickbrettbohren hat sie als Vorsitzende des Frauenausschusses geprobt. "Andere haben Bauwerke vorzuweisen", bilanzierte sie einmal – ihre Sache waren die Denkanstöße. Und die waren mannigfaltig, in den letzten Jahren auch in ihrer Funktion als stellvertrende Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Soziales. Zur klaren Sicht auf die Stadt hatte sie einen Armutsbericht verlangt – vergeblich, als dürfte Düsseldorf nicht über sein Kö-Glitzern auch mal in den real existierenden Schatten springen.
Über zehn Jahre war Annette Steller an allen Entscheidungen der Stadt beteiligt, hat sie in die politischen Bahnen gelenkt, hat gemanagt. Jetzt hat sie bewiesen, dass sie auch loslassen kann. Vor fast zwei Jahren sagte sie in einem NRZ-Gespräch: "Ich will mich auf keinen Fall vereinnahmen lassen. Politik statt Leben – nicht für mich." Sie ist sich treu geblieben.
"Das sind nette Kinder"
In der Gesamtschule am Kikweg unterrichtet sie seit wenigen Tagen Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Jahrgänge in Deutsch und Gesellschaftslehre. Rechtschreibung einpauken statt das Rad der Landeshauptstadt mitzudrehen. Das geht. "Ich hab‘ es doch gesagt: Das sind nette Kinder", bestätigt sie ihre Erwartungen. Auch im Kollegium ihrer alten Schule fühle sie sich wieder wohl.
Ja, gesteht sie, der neue-alte Rhythmus des Lehrerdaseins ist anstrengend. "Nach acht Stunden war ich gestern körperlich kaputt." Annette Steller blickt jedoch in ihrem neuen Lebensabschnitt mit viel Realitätssinn nach vorn. Daran können sich ihre Nachfolger im Rathaus messen lassen.
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Von Dieter Schneider
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Quelle: NRZ Neue Rhein Zeitung Düsseldorf