Wer aufmuckt, ist weg vom Fenster

POLITIK. "System Erwin" ist schuld an den Bauskandalen, sagen die Grünen. Es schaffe "organisierte Verantwortungslosigkeit".

Der Bauskandal um die Paketpost und das Burg-Wächer-Castello ist auch nach Ansicht der Grünen ein Ergebnis des Systems Erwin. "In dem werden Spitzenbeamte zu Befehlsempfängern degradiert und Kritiker mundtot gemacht", formulierte gestern Sprecher Günter Karen-Jungen. "Es zeigt, dass wir einen anderen Oberbürgermeister brauchen", fügte er hinzu.

Karen-Jungen erinnerte daran, dass abweichende Meinungen zu der von Erwin Konsequenzen nach sich zögen. Nicht mal ein Jahr nach Erwins Amtsstart habe sich der hochgeschätzte Kämmerer Herbert Vogt verabschiedet, anderthalb Jahre darauf ging Planer und Stadtdirektor Christoph Blume, der Erwin Mobbing vorgeworfen habe. Zuletzt wurde Personaldezernentin Ulrike Löhr abgewählt, "ohne dass ihre angeblichen Fehler je konkretisiert wurden." Zudem seien mehrere Amtsleiter suspendiert oder versetzt und durch Erwin-nahe Vertreter ersetzt worden.

Schwere Verletzungen der Dienstpflicht

Diese Personalpolitik habe eine "organisierte Verantwortungslosigkeit" erzeugt, die zu so "schweren Dienstpflichtverletzungen" führe wie im aktuellen Fall, stellte Karen-Jungen klar. Die Zivilcourage, dem Verwaltungschef, OB Erwin, auch einmal aufzuzeigen, was nicht gehe, sei abhanden gekommen. "Das ist obrigkeitsstaatliches Denken und hat mit einer modernen Konzernführung, die Erwin ja für sich reklamiert, nichts zu tun."

Das Vertrauen zur Verwaltung sei zerrüttet, der Rat beim Vertragschaos und den Kostenexplosionen rund um Paketpost und Castello absichtlich getäuscht worden. Kämmerer Helmut Rattenhuber müsste nach Ansicht der Grünen zurücktreten, was er, wie berichtet, nicht in Erwägung zieht. Er entschuldigte sich beim Besuch der CDU- und der Grünen-Fraktion am Montagabend für Fehler und wies nach Grünen-Darstellung bemerkenswerterweise darauf hin, dass die Geschwindigkeit, mit denen Projekte durchgezogen würden, Probleme schafften. "Aber was nutzt uns auch der Austausch des Kämmerers, wenn das System dahinter nicht erneuert wird?", fragte Karen-Jungen.

Da Erwin als eigentlich Verantwortlicher zum Skandal schweige, könne man davon ausgehen, dass die Verwaltungsspitze das Thema aussitzen wolle. Das werde man verhindern. In der morgigen Ratssitzung wolle man so viel wie möglich öffentlich darüber diskutieren und eine Stellungnahme des OB einfordern. Zudem, so Sprecherin Iris Bellstedt, soll eine Untersuchungskommission aus den Fraktionen den Bericht des Rechnungsprüfungsamtes würdigen und Konsequenzen daraus ableiten. Bei Bauprojekten müsse ein Qualitätsmanagement mit externen Beratern eingeführt werden. Und: "Wir brauchen endlich ein funktionierendes Vertragsmanagement."

Quelle: NRZ, Neue Rhein Zeitung Düsseldorf